Ein Jahr ist es her, dass Donald Trump sensationell die US-Präsidentschaftswahl gewonnen hat und nebenbei eine ganz neue Debatte eröffnet hat – die Diskussion um „Fake News“.   Immer wieder waren die ersten Monate seiner Präsidentschaft von Scharmützeln um verdrehte Fakten geprägt – zwischen Trump und amerikanischen Medien, aber auch in der Analyse, ob die US-Wahl durch bewusst gesteuerte Fehlinformationen manipuliert wurde.

Spätestens seit der Untersuchung des US-Kongresses, welche enorme Reichweite aus Russland bezahlte Facebook-Anzeigen in den Wochen vor der Präsidentschaftswahl bei US-Wählern entfaltet hat, hat das weltgrößte soziale Netzwerk ein immer größeres Glaubwürdigkeitsproblem.

„Fake News“ wirken nach: Großes Misstrauen gegenüber Facebook, Twitter & Co

Das gilt auch diesseits des Atlantiks. Wie die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers  (PwC) in einer Studie , der eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Bundesbürgern zugrunde liegt, ermittelt hat, halten lediglich 15 Prozent der Bundesbürger die über das weltgrößte Social Network Facebook vermittelten Informationen für vertrauenswürdig.

Nachrichten, die über den 280-Zeichen-Dienst Twitter, bekanntlich das liebste Kommunikationsmedium von Donald Trump, zirkulieren, vertrauen gar nur 10 Prozent der deutschen Studienteilnehmer. 80 Prozent der Befragten stuften dagegen Informationen, die von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern vermittelt wurden, als vertrauenswürdig ein.

„Bedürfnis nach Verlässlichkeit nimmt im digitalen Zeitalter zu“

Auch bei der Frage, welche Nachrichtenquelle die Bundesbürger bei Informationen über politische Ereignisse bevorzugen würden, lagen die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender mit 71 Prozent vorne. Auf Platz zwei folgten bereits Tages- und Wochenzeitungen (53 Prozent) mit einem signifikanten Vorsprung vor Newsseiten aus dem Internet (37 Prozent); Social Media-Angebote wie Facebook, Twitter, YouTube & Co landeten erneut mit 23 Prozent abgeschlagen auf dem letzten Platz.

„Angesichts der Informationsflut im digitalen Zeitalter scheint das Bedürfnis nach Verlässlichkeit zuzunehmen. Mit diesem Pfund können Medienhäuser wuchern, indem sie Transparenz und Recherche in den Vordergrund stellen“, stellt Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC Deutschland, die Vorzüge von Qualitätsmedien heraus.

Digital-Angebote: Renommierte Printmedien vertrauenswürdiger als native Online-Titel

Interessanterweise gibt es auch innerhalb der journalistischen Angebote große Diskrepanzen in der Glaubwürdigkeit. So bescheinigen 75 Prozent der Befragten den Online-Auftritten von renommierten Printmarken wie Spiegel, Stern & Co eine Zustimmung von 75 Prozent. Nativen Newsseiten wie T-Online oder Web.de vertrauen unterdessen lediglich 44 Prozent der Befragten. Viele Deutsche achten also mehr auf die Nachrichtenquelle als auf die Mediengattung.

Für Editorial Media ist die Studie gleichzeitig eine Ermunterung, im Social Web noch aktiver zu werden, weil die junge Zielgruppe der unter Dreißigjährigen den Traditionsmedien eine höhere Verlässlichkeit bescheinigt, ohne sie auf direktem Weg anzusteuern. „Hier treffen sie auf eine Zielgruppe, die über traditionelle Verbreitungswege zwar nur noch schwer zu erreichen ist, aber trotzdem ein lebhaftes Interesse an seriösen journalistischen Inhalten zeigt“, erklärt PwC-Experte Ballhaus.

Der Autor

Nils Jacobsen
Nils Jacobsen
Nils Jacobsen ist Wirtschaftsjournalist und Techreporter in Hamburg. Der studierte Medienwissenschaftler und Buchautor („Das Apple-Imperium“ / „Das Apple-Imperium 2.0“ ) berichtet seit 20 Jahren über die Entwicklung der Aktienmärkte und digitalen Wirtschaft: seit 2008 täglich für den Branchendienst MEEDIA, in einer wöchentlichen Kolumne für Yahoo Finanzen und in monatlichen Reportagen für die Marketingzeitschrift absatzwirtschaft. Jacobsen war zudem als Chefredakteur der Portale CURVED, clickfish, US FINANCE und YEALD aktiv.