Folgt man Trendforschern wie Matthias Horx, so gibt es keinen Trend ohne Gegentrend. Multitasking und Mindfulness bieten dafür Beispiele. Nimmt man die Beliebtheit der Suchbegriffe bei Google zum Maßstab, so hatte Multitasking in Deutschland bis 2013 die Nase vorn, wurde dann aber von Achtsamkeit übertroffen.

Digital Natives und der Hype um Multitasking

Der Hype um Multitasking basierte allerdings von Anfang an auf einem Irrtum. Der amerikanische Autor und Unternehmer Marc Prensky hatte 2001 in einem Essay die Begriffe Digital Natives und Digital Immigrants geprägt. Prensky schrieb den Jungen, den Digital Natives, neuartige Multitasking-Fähigkeiten zu:

“Digital Natives are used to receive information really fast. The like to parallel process and multi-task. They prefer random access (like hypertext). The function best when networked. They thrive on instant gratification and frequent awards (…) These skills are almost totally foreign to the Immigrants, who themselves learned (…) slowly, step-by-step, one thing at a time …”

Das klang revolutionär nach einem Generationenbruch und irgendwie “disruptiv”, das hatte Pfiff. Die frohe Kunde wurde in den Jahren der Web 2.0-Euphorie von Netzevangelisten über den ganzen Erdball verbreitet, besonders erfolgreich in Deutschland.

Fakt jedoch ist: Nach den Erkenntnissen der Neurobiologie ist das menschliche Gehirn, egal ob jung oder alt, zu echtem Multitasking physiologisch gar nicht fähig. Wir können uns nicht auf mehrere Dinge gleichzeitig konzentrieren. Wir können zwar mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, aber nicht mehrere Dinge, die hohe Konzentration erfordern. Wir können Rad fahren und uns dabei unterhalten, wir können eislaufen und Musik hören – allerdings erst dann, wenn uns Rad fahren und Eislaufen so sehr „in Fleisch und Blut“ übergegangen sind, dass diese Tätigkeiten keine Konzentration erfordern. Wer versucht mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen, obwohl sie Konzentration erfordern, zahlt dafür stets einen hohen Preis in Form von Zeitverlust oder Fehlerhäufung.

Digital Detox: Mindstyle-Magazine auf Wachstumskurs

Von dem neuen Achtsamkeitstrend profitieren Mindstyle-Magazine wie Happinez, Emotion, myself oder Flow. „Lean back statt lean forward“ bekommt einen neuen Stellenwert. Nach dem grandiosen Smartphone-Boom der letzten Jahre wächst das Bedürfnis nach einer neuen Medien-Balance. “Wie gut so ein schönes Stück Print in einer klickenden Welt doch tut“, ruft Mack bei Twitter seinen gut 27.000 Followern nach Lektüre der Erstausgabe von Frankfurter Allgemeine Quarterly zu.

Der Autor

Dr. Uwe Sander
Dr. Uwe Sander
Der gelernte Volkswirt arbeitete nach einigen Jahren in der empirischen Wirtschaftsforschung von 1984 bis 2014 in verschiedenen Funktionen beim Verlag Gruner+Jahr, u.a. für die Titel Capital, Stern, GEO und Art. Heute ist er freiberuflich als Autor und Berater tätig. Sein besonderes Interesse gilt der Entwicklung des digitalen Journalismus.