Es ist der Goldstandard der Branche: Der alljährliche „Digital News Report“ des Reuters Institute, den die Nachrichtenagentur in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford turnusmäßig zur Jahresmitte herausgibt.

92.000 Onliner aus 46 Ländern aus sechs Kontinenten haben sich diesmal zur Entwicklung des Journalismus, ihren Nutzungsvorlieben und ihrem Vertrauen in alte, neue und soziale Medien im Corona-Jahr geäußert.

Vertrauen in Nachrichten steigt um 8 Prozent

Wichtigste Erkenntnis für Medienmacher und Journalisten hierzulande: das Vertrauen in den klassischen Journalismus kehrt wieder zurück. Während im Vorjahr lediglich 45 Prozent der Befragten angaben, dass sie „dem Großteil der Nachrichten meist vertrauen“, waren es im diesjährigen „Digital News Report“ nunmehr 53 Prozent. Der Abwärtstrend der Vorjahre ist damit in der Corona-Zeit sichtbar gestoppt: Erstmals seit 2015 stieg das Vertrauen in Nachrichten wieder nachhaltig an.

Junge Zielgruppe entdeckt Vertrauen in Nachrichten neu

Besonders beachtlich: Vor allem unter jüngeren Nutzern war ein starker Zuwachs zu beobachten. So zog das Nachrichtenvertrauen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren – oder der sogenannten „Generation Z“, die nativ mit dem Internet aufgewachsen ist – um gleich 17 Prozent auf 48 Prozentpunkte an.

Auch in der Kohorte der ab 35-Jährigen und Älteren ist ein überproportional großes Wachstum (10 Prozentpunkte) des Nachrichtenvertrauens im Jahr der Pandemie zu beobachten. Das größte Vertrauen in Nachrichten bringt traditionell weiter die ältere Zielgruppe auf: 57 Prozent der 45- bis 54-Jährigen und 58 Prozent der Über-55-Jährigen gaben an, dass sie den Nachrichten in der Bundesrepublik im Allgemeinen vertrauten.

Skepsis gegenüber Social Media bleibt hoch

Das gestiegene Vertrauen wird in der tatsächlichen Nutzung reflektiert. So gaben 62 Prozent der befragten Onliner an, dass sie den von ihnen selbst verwendeten Nachrichtenquellen vertrauen – ein Anstieg um drei Prozentpunkte. Auch bei der aktiven Nutzung ist der Anstieg der jüngsten Kohorte der Teens und Twens (18 bis 24 Jahre) mit einem Zuwachs von 12 Prozent am größten.

Interessant: In den sozialen Medien verbreitete Nachrichten werden dagegen weiter kritisch beäugt. Lediglich 14 Prozent der Befragten gaben an, dass sie News aus Social Media ihr Vertrauen schenkten. 49 Prozent der Probanden äußerten dagegen direkt ihr Misstrauen gegenüber im Social Web kursierenden Nachrichten.

Regionale und lokale Tageszeitungen mit höchsten Vertrauenswerten unter Printmarken

Innerhalb der Nachrichtenmarken genießen Zeitungen und Zeitschriften direkt nach dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die höchsten Vertrauenswerte. Auf die Frage „Wie vertrauenswürdig sind Ihrer Meinung nach die Nachrichten aus den folgenden Quellen“ schnitten nach der „ARD Tagesschau“ und „ZDF heute“ regionale und lokale Tageszeitungen am besten ab.

Qualitäts-Printmarken wie die „Süddeutsche Zeitung“, „Die Zeit“, die „FAZ“, „Der Spiegel“ und der „Focus“ folgen auf den weiteren Plätzen – und damit deutlich vor dem ersten Online-Angebot (T-Online).

Zukünftige Zahlbereitschaft bei junger Zielgruppe steigt am stärksten

Interessante Zusatzerkenntnis: Während die Bereitschaft, für Online-Inhalte Geld auszugeben, mit 9 Prozent zum Vorjahr stabil geblieben ist, steht ausgerechnet die jüngste Altersklasse der 18- bis 24-Jährigen Paid Content am aufgeschlossensten gegenüber.

19 Prozent der Befragten, die im vergangenen Jahr nicht für Nachrichten im Netz Geld ausgegeben haben, gaben nun an, dies im nächsten Jahr „wahrscheinlich“ zu ändern. Die Generation Z wird damit für Medienmacher bei Paid-Content-Angeboten zur relevanten Zielgruppe.

Mehr zu dieser und anderen interessanten Studien finden Sie in unserer Studiendatenbank.

Der Autor

Nils Jacobsen
Nils Jacobsen
Nils Jacobsen ist Wirtschaftsjournalist und Techreporter in Hamburg. Der studierte Medienwissenschaftler und Buchautor („Das Apple-Imperium“ / „Das Apple-Imperium 2.0“ ) berichtet seit 20 Jahren über die Entwicklung der Aktienmärkte und digitalen Wirtschaft: seit 2008 täglich für den Branchendienst MEEDIA, in einer wöchentlichen Kolumne für Yahoo Finanzen und in monatlichen Reportagen für die Marketingzeitschrift absatzwirtschaft. Jacobsen war zudem als Chefredakteur der Portale CURVED, clickfish, US FINANCE und YEALD aktiv.