Nachhaltigkeit ist zu einem zentralen gesellschaftlichen Leitbild geworden. Seinen Ursprung hat der Begriff in der Forstwirtschaft. 1713 verfasste ein sächsischer Oberberghauptmann eine Anleitung zur Waldbewirtschaftung: Man solle stets so viel Bäume nachpflanzen, wie man abholze, auf dass die Ressourcenbasis erhalten bleibe. Es ging diesem weitsichtigen Entscheider darum, eine natürliche Ressource dauerhaft Ertrag bringend nutzen zu können. Er dachte Ökologie und Ökonomie zusammen. Heute wird oft das Soziale als dritte Dimension der Nachhaltigkeit hinzugefügt.
Die Leseranalyse Entscheidungsträger (LAE 2022) untersucht, wie wichtig das Thema Nachhaltigkeit im Urteil der EntscheiderInnen für ihr Unternehmen ist. Die Studie repräsentiert knapp drei Millionen EntscheiderInnen in Wirtschaft und Verwaltung und basiert auf knapp 8.000 Interviews. Eine Mehrheit von 86 Prozent findet Nachhaltigkeit wichtig. Vier von zehn EntscheiderInnen (41 Prozent) sagen, sie sei „sehr wichtig“. Was macht diese Engagierten aus?
Ganz vorn: Naturwissenschaftler, Architekten und Ingenieure
Nach Geschlecht und Alter ergeben sich keine besonderen Auffälligkeiten, wohl aber nach dem Ausbildungsbereich. Naturwissenschaftlich, bau- und ingenieurtechnisch ausgebildete EntscheiderInnen sind überdurchschnittlich vertreten, allen voran ChemikerInnen (62 Prozent), PhysikerInnen und ArchitektInnen (je 57 Prozent) sowie IngenieurInnen (51 Prozent). Offenbar fördern einschlägig qualifizierte Chefs die Tüftelei an Innovationen für mehr Nachhaltigkeit. Das ist eine gute Nachricht. Legt es doch den Schluss nahe, dass der Weg zu Klimaneutralität und Biodiversität entgegen manchen Befürchtungen nicht über eine Schrumpfung der Wirtschaft führen muss.
Ganz vorn: Lebenswichtige und leistungsstarke Branchen mit Konfliktpotenzial
Mit den Ausbildungsbereichen korrespondieren teilweise die Branchen. Im Bereich Bergbau, Energie-/Wasserversorgung und Recycling finden 80 Prozent der EntscheiderInnen Nachhaltigkeit sehr wichtig. Auf hohe Anteile kommen auch Land- und Forstwirtschaft (74 Prozent), Kfz-Branche (65 Prozent) und Chemieindustrie (57 Prozent). Das sind plausible Befunde, denn besonders in diesen Bereichen müssen schwierige Zielkonflikte zwischen Ökonomie und Ökologie gelöst werden.
In der Finanz- und Versicherungsbranche findet ebenfalls die Mehrheit von 52 Prozent der EntscheiderInnen das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig. Hier, wo es um die Finanzierung nachhaltiger Investitionen geht, hat sich die englische Abkürzung ESG (für Environmental Social Governance) als Gütesiegel durchgesetzt. Definitionen und Abgrenzungen sind allerdings strittig und oft noch zu schwammig. Bei den Investitionsplänen der besonders nachhaltig denkenden EntscheiderInnen liegen laut LAE die Schaffung mobiler Arbeitsplätze bzw. Home Offices und die digitale Transformation an der Spitze.
Ganz vorn nach Affinität: VDI Nachrichten und brand eins
Spiegel, Focus und Zeit erzielen – in dieser Reihenfolge – die höchsten Reichweiten in der LAE-Grundgesamtheit und auch bei denjenigen EntscheiderInnen, die Nachhaltigkeit für ihr Unternehmen als sehr wichtig bezeichnen. Schaut man auf die Anteilswerte bzw. Affinitätsindizes liegen diese Titel aber nahe dem 41-prozentigen Durchschnitt.

Nach Affinität liegen die VDI Nachrichten mit einem Anteil von rund 52 Prozent an der Spitze. Hinter den VDI Nachrichten platzieren sich brand eins und c´t Magazin. Unter den Top Ten befinden sich viele Medienmarken mit Kompetenz für Wirtschaft und Technik (Grafik oben). Bei den digitalen Angeboten zeigt sich eine ähnliche Rangfolge; auch hier weisen VDI Nachrichten und Brand eins die höchsten Affinitäten auf.