„Benjamin Fredrich ist der Fynn Kliemann der Print-Branche“ – ein Satz, getwittert von der Autorin Sophie Passmann, der viele Leser vor ein Rätsel stellt. Übersetzt bedeutet er, dass der eine als Jungverleger aktuell so viel richtig macht wie Deutschlands zurzeit gefragtester Nachwuchsmusiker und MTV Award-Träger.

Gelungen ist Benjamin Fredrich der Ritterschlag mit dem erfolg des Magzins Katapult. Was zunächst nach einem Popkulturmagazin in der Tradition von Neon klingt, ist am Ende tatsächlich ein Wissensmagazin, das es mit Statistik ganz genau nimmt.

Der Sex-Appeal von Infografiken

Katapult versteht sich als „Magazin für Kartografie und Sozialwissenschaft“, das zur Veranschaulichung Infografiken und entsprechend Karten verwendet. Entsprungen ist die Motivation dazu aus Fredrichs Studiengang, der Politikwissenschaft und Geschichte.

„Die Politikwissenschaft produziert interessante Studien, die sie aber in der Regel in ihren eigenen Fachpublikationen belässt. Warum gehen die damit nicht zu den großen Zeitungen und warum muss das im akademischen Kosmos bleiben?“, erklärte der heute 33-Jährige gegenüber dem Branchenportal MEEDIA seine Motivation zur Gründung eines Magazins, das es sich verschrieben hat, die großen Zusammenhänge der Sozialwissenschaften für eine größere Leserschaft eingängig zu erklären.

„So viel Wald müssten wir pflanzen, damit die Welt CO2-neutral wird“, ist in Katapult etwa zu lesen – visualisiert durch eine Weltkarte, in der ein schwarzes Quadrat in der Größe von halb Russland prangt.

Mit Print kam der wirtschaftliche Erfolg

Im Social Media-Zeitalter funktioniert dies höchst wirksam mit Instagram-gerechten Grafiken (Katapult kommt auf 260.000 Follower), die online jedoch kaum Umsatz bringen. Entsprechend entschloss sich Fredrich 2016, ein Jahr nach dem Launch der Website, zum Start eines Printmagazins, das quartalsweise erscheint und im Jahr für einen Abopreis von 19,90 Euro zu haben ist.

19 Hefte sind vom Mecklenburger Verlag inzwischen erschienen, die von immer mehr Abonnenten gelesen werden. 120.000 gedruckte Hefte betrug die Auflage zuletzt, über 50.000 Leser*innen haben das Magazin inzwischen abonniert. Gerade in der Corona-Zeit hat Katapult einen rasanter Anstieg verbucht – die Zahl der Abonnenten hat sich seit Ende März mehr als verdoppelt.

Gewachsen ist der Verlag zusätzlich durch das Sonderheft „Knicker“, das ein einziges Thema seit 2018 auf einer Karte im Format DIN-A1 behandelt, und verschiedene Buchformate zur Kartologie. 2019 erschien „100 Karten, die deine Sicht auf die Welt verändern“, gefolgt von „102 grüne Karten zur Rettung der Welt“ (März 2020) und „100 Karten über Sprache“.

Erfolg in der Nische

 „Es ist das Unwahrscheinlichste, was hätte passieren können“, beschreibt Fredrich unlängst auf Twitter seine Erfolgsstory, aus der fast nichts geworden wäre. Wie so viele Gründer startete Fredrich Katapult „alleine, in einer kleinen Stadt an der Ostsee und mit 20.000 Euro Schulden“.

Wie Katapult unterdessen zum, nach eigener Aussage, „wachstumsstärksten Magazin Deutschlands“ avancieren konnte, kann sich der Doktorand der Politischen Theorie im Rückblick selbst nicht erklären. „Ich weiß nur, dass wir die ersten Jahre über 14 Stunden am Tag gearbeitet haben, uns nur die Miete leisten konnten und trotzdem irgendwann der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand.“

Diese Sorgen treiben Fredrich heute nicht mehr um. Katapult kann sich über eine Umsatzexplosion von 50.000 Euro im Gründungsjahr auf geschätzt 2,5 Millionen Euro per Ende 2020 freuen, die zu 80 Prozent vom Printprodukt stammen. Ganz nebenbei hat sich Fredrich auch noch als Schriftsteller verewigt. In „Die Redaktion“ beschreibt der Greifswalder den langen, steinigen Weg zum aktuell wahrscheinlich angesagtesten Nischenmagazin der Republik.

Der Autor

Nils Jacobsen
Nils Jacobsen
Nils Jacobsen ist Wirtschaftsjournalist und Techreporter in Hamburg. Der studierte Medienwissenschaftler und Buchautor („Das Apple-Imperium“ / „Das Apple-Imperium 2.0“ ) berichtet seit 20 Jahren über die Entwicklung der Aktienmärkte und digitalen Wirtschaft: seit 2008 täglich für den Branchendienst MEEDIA, in einer wöchentlichen Kolumne für Yahoo Finanzen und in monatlichen Reportagen für die Marketingzeitschrift absatzwirtschaft. Jacobsen war zudem als Chefredakteur der Portale CURVED, clickfish, US FINANCE und YEALD aktiv.