Die Welt ist eine andere, der Journalismus auch: Vier Jahre Donald Trump haben sowohl die USA als auch die hiesige Medienlandschaft nachhaltig verändert. So kontrovers die Politik des früheren US-Präsidenten diskutiert wurde, so gewinnbringend war die Berichterstattung für die größten Tageszeitungen des Landes, die Trump polemisch zu „Fake News“-Medien stilisierte.

An vorderster Front in der Opposition befand sich neben der New York Times die andere große Traditionszeitung aus dem 19. Jahrhundert: die Washington Post. Nach der Übernahme durch Jeff Bezos wurde die Washington Post gezielt nach der Erfolgsstrategie von Amazon umgekrempelt und dabei auf „Data first“ gesetzt. Diese Strategie scheint über die Bezos-Ära hinweg Früchte zu tragen.

Jeff Bezos‘ Erfolgsstrategie trägt Früchte

Ein State-of-the-Art-Content-Management-System namens Arc, das als zusätzliche Erlösquelle dient – nämlich bei der Lizenzierung durch andere Redaktionen –, wurde ebenso etabliert wie neue Tools, die durch die Schlagzeilen klickoptimiert wurden.

Die Maßnahmen zeigten bereits 2016 mit der Rückkehr in die schwarzen Zahlen Wirkung. Mit Anbruch der Trump-Ära startete die Washington Post jedoch regelrecht durch: 2017 durchbrach die neben der New York Times und dem Wall Street Journal wohl angesehenste US-Tageszeitung die Marke von einer Million Digital-Abonnenten.

Knapp drei Millionen Digital-Abonnenten

Vier Jahre später kann sich CEO Fred Ryan über den nächsten großen Meilenstein freuen: Wie das britische Journalismusportal PressGazette im Dezember berichtete, dürfte die Washington Post unterdessen die Marke von bereits drei Millionen zahlenden Online-Only-Abonnenten erreicht haben. (Als privat geführtes Unternehmen muss die Washington Post Company ihre Abonnentenzahlen nicht veröffentlichen.)

Das Wachstumstempo ist bemerkenswert, zumal die Zahl der Digital-Abonnenten nur ein Jahr zuvor noch bei geschätzt zwei Millionen gelegen hat. In anderen Worten: Die 143 Jahre alte amerikanische Tageszeitung konnte die zahlenden Leser der Online-Ausgabe im Corona- und US-Wahljahr um 50 Prozent steigern.

Digitale Werbeerlöse im vierten Quartal auf Allzeithoch

Und mehr noch: Nicht nur die Abonnentenzahlen gehen durch die Decke, auch die in der Pandemie kurzzeitig eingebrochenen Werbeumsätze sprudeln digital so massiv wie nie zuvor. Wie Herausgeber Ryan gegenüber PressGazette bestätigte, hat die Washington Post im vierten Quartal 2020 „die größten digitalen Werbeerlöse in unserer Geschichte“ eingefahren. „Die exquisite Performance unserer umsatzgenerierenden Teams bestätigen unsere Auffassung, dass es ein erfolgreiches Geschäftsmodell für Qualitätsjournalismus gibt“, zieht der Washington Post-Herausgeber Bilanz.

Der Erfolg gibt Ryan in Dollar und Cent recht: Zum fünften Mal in Folge beendete die Washington Post 2020 als profitables, wachsendes Unternehmen, das in diesem Jahr 150 neue Journalisten beschäftigen will. Das wäre die größte Neueinstellungswelle in der fast eineinhalb Jahrhunderte währenden Geschichte des renommierten Verlags.

Der Autor

Nils Jacobsen
Nils Jacobsen
Nils Jacobsen ist Wirtschaftsjournalist und Techreporter in Hamburg. Der studierte Medienwissenschaftler und Buchautor („Das Apple-Imperium“ / „Das Apple-Imperium 2.0“ ) berichtet seit 20 Jahren über die Entwicklung der Aktienmärkte und digitalen Wirtschaft: seit 2008 täglich für den Branchendienst MEEDIA, in einer wöchentlichen Kolumne für Yahoo Finanzen und in monatlichen Reportagen für die Marketingzeitschrift absatzwirtschaft. Jacobsen war zudem als Chefredakteur der Portale CURVED, clickfish, US FINANCE und YEALD aktiv.