Die New York Times oder das Wall Street Journal sind die Aushängeschilder der US-Verlagsbranche, die ihren Mutterkonzernen zuletzt mehrjährige Börsenhochs beschert haben.
Doch auch in der vermeintlich zweiten Reihe tut sich einiges: So rankten sich zuletzt um die hoch gewetteten Newcomer The Athletic und Axios Übernahmespekulationen, bei denen nach Branchengerüchten schon Summen im mittleren neunstelligen Bereich gehandelt werden.
Das steigende Interesse an Axios kommt nicht von ungefähr. Das gerade mal fünf Jahre alte Nachrichtenunternehmen mit Sitz in Arlington Country gilt als der aufgehende Stern am US-Journalismushimmel, was nicht zuletzt am illustren Gründerteam Jim VandeHei, Mike Allen und Roy Schwartz liegt. Die drei Star-Journalisten, die bereits das Politikmedium Politico mit aufgebaut hatten, gründeten Axios 2016 als Nachrichtenportal für die Generation iPhone, der Launch folgte im Folgejahr.
„Würdige“ Nachrichten für die Generation iPhone
Axios, das aus dem Griechischen entlehnt ist und so viel wie „würdig“ bedeutet, wurde von CEO Jim VandeHei ursprünglich als „Mischung zwischen The Economist und Twitter“ verstanden. Die Nachrichten, die sich überwiegend mit Politik, Wirtschaft und der Techbranche beschäftigen, sind prägnant geschrieben und kaum länger als 300 Wörter lang. Die kurz gehaltenen Artikel, die fast immer in Aufzählungszeichen untergliedert sind, sollen auf dem Smartphone gut zu lesen und in den sozialen Medien gut zu teilen sein – „snackable content“ nennen Marketer die neue Mediengattung.
Nach einer Schnellzusammenfassung erklärt Axios „Warum das wichtig ist“ („Why it matters“), „Wie es passiert ist“ („How it happened?“) und erörtert oftmals die größeren Zusammenhänge („The big picture“). „Axios macht dich bei Nachrichten, die wirklich wichtig sind, schneller schlauer“, lautet das Unternehmensmotto.
Bereits 85 Millionen Dollar Umsatz in diesem Jahr angestrebt
Und die Mission geht voll auf. Bereits 2019 – also gerade einmal drei Jahre nach dem Launch – arbeitete Axios bereits profitabel. Das komplett kostenfreie Nachrichtenportal überraschte im Coronajahr 2020 gegen den Branchentrend mit einem satten Umsatzwachstum von 30 Prozent auf Erlöse von bereits 60 Millionen Dollar.
Im laufenden Geschäftsjahr zeigt das Wachstum noch steiler nach oben: Wie die New York Times berichtet, soll Axios 2021 Umsätze von bereits 85 Millionen Dollar anstreben, was einem Erlöswachstum von mehr als 40 Prozent entsprechen würde. Der Löwenanteil der Umsätze wird dabei mit Anzeigen erzielt: Im vergangenen Jahr machte das Werbegeschäft 85 Prozent der gesamten Konzernerlöse aus und soll im ersten Halbjahr gar um 80 Prozent zugelegt haben.
Wachstum mit Newslettern
Der Treiber des Werbebooms entfaltet sich dabei bemerkenswerterweise nicht auf der Webseite, sondern auf dem Kommunikationsmedium der Stunde, auf das Axios seit Tag eins konsequent setzt: dem Newsletter. Tatsächlich mehr als die Hälfte der gesamten Konzernerlöse wurde im vergangenen Jahr durch das Sponsoring der Newsletter erzielt („Presented by“).
Bereits im vergangenen Jahr verbuchte Axios mehr als 1,4 Millionen Newsletter-Abonnenten, fast eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Mehr als 4 Millionen Email-Letter werden jeden Tag verschickt. Und es werden immer mehr, denn nicht nur in den Kernbereichen Politik („Axios AM/PM“ von Mike Allen), Wirtschaft („Axios Markets“) und Tech („Axios Login“) verschickt das digitale Medienhaus jeden Tag zahlreiche Newsletter, sondern auch im Lokalbereich.
Auch Lokalnews werden attraktives Neugeschäft
Bereits 14 individuell zugeschnittene Newsletter-Angebote – von Atlanta bis Tampa Bay – unterbreitet Axios seinen US-Lesern – 2022 sollen es gar 25 sein. Seit dem Launch zu Jahresbeginn kann Axios Local bereits 400.000 Abonnenten mit einer starken Öffnungsrate von 35 Prozent verzeichnen. Der neue Geschäftszweig boomt: Die Local-Sparte soll in diesem Jahr bereits bis zu fünf Millionen Dollar zum Gesamtumsatz beisteuern.
Und weitere neue Geschäftsfelder sollen folgen: Anfang nächsten Jahres startet mit „Axios Pro“ das erste Premium-Angebot – und zwar mit bezahlpflichtigen Newslettern in den Nischensegmenten Fintech, Healthtech und Einzelhandel. Mit der Lizenzierung des Software-Tools Axios HQ, das der Newsletter- und Webseitengestaltung zugrunde liegt, an Unternehmen erzielte der US-Verlag nur wenige Monate nach dem Launch zudem seine erste Umsatzmillion.
Kein Wunder, dass so viele Wachstumsfelder begehrlich machen. Axios wurde im Jahresverlauf mehrfach als Übernahmekandidat gehandelt und zuletzt bereits mit 450 Millionen Dollar bewertet – mehr als eine erstaunliche Bewertungsverdopplung gegenüber dem Vorjahr, als Axios’ Unternehmenswert noch auf 200 Millionen Dollar taxiert wurde.