Interview mit Stefanie Wurst, Leiterin Marketing und Marketing Dienstleistungen, BMW Group

 Als Leiterin Marketing bei BMW sind Sie seit 2014 für den werblichen Auftritt der Marke BMW in Deutschland verantwortlich. Was hat sich in letzter Zeit aus Ihrer Sicht im Bereich der Umfelder für Werbung verändert?  

Wir erleben schon seit einiger Zeit eine quantitative Explosion von Werbeumfeldern. Wir müssen immer stärker schauen, welche Umfelder zu uns passen und auch eine stärkere Auswahl treffen. Denn nur, weil ein Medium neu oder jung oder viel frequentiert ist, ist es noch lange nicht gut im Sinne unserer Marketingziele.

Brand Safety bekommt einen immer höheren Stellenwert, gleichzeitig ist durch Themen wie „Fake News“ viel Vertrauen von Mediennutzern verloren gegangen. Wie finden Sie die richtigen Umfelder für Ihre Kommunikationsmaßnahmen?

Wir haben schon seit circa 4 oder 5 Jahren, also schon bevor der Begriff von Brand Safety in aller Munde war, Blacklists und Whitelists erstellt, um zu verhindern, dass wir in Umfeldern auftauchen, die nicht unserer Marke und unseren Werten entsprechen.

Diese Art der Bewältigung von Komplexität und Quantität ist mittlerweile unerlässlich. Früher war es noch möglich, fast alle Medien durch persönliche Erfahrung zu bewerten. Heute braucht man für die Bewertung die Unterstützung der Mediaagenturen, denn ein Werbetreibender alleine kann die Vielzahl von Kanälen nicht mehr bewältigen.

Haben Umfelder in Zeiten automatisierter Werbung eine andere Bedeutung bekommen?

Für uns als Premiumhersteller gilt immer noch: Qualität vor Quantität. Die Reichweite ist daher nicht das ausschlaggebende Kriterium. Vielmehr zählt für uns ein gesunder Mix aus Reichweite und Qualität. Genau das erwarten wir auch bei einer automatisieren Ausspielung von Werbung. Hier bedarf es hier zusätzlicher Kriterien und Tools, wie beispielsweise White- und Blacklists. Es geht darum, die richtigen Adressaten zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Medium anzusprechen – die Reichweite ist hier allein nicht ausschlaggebend.

Welche Bedeutung messen Sie editorialen Medien im Media-Mix der Zukunft bei?

Unter Qualitätsumfeldern verstehen wir ein Umfeld, bei dem der redaktionelle Teil gewissen Qualitätsansprüchen genügt – egal ob digital oder gedruckt. Beispielsweise sind für uns die Sonntagszeitungen ein sehr gut geeignetes Medium, um einer großen Zahl von Meinungsführern und Entscheidungsträgern in Deutschland etwas Wichtiges zu kommunizieren, wie zum Beispiel das Diesel-Rücknahmeversprechen von BMW.

Die Anzahl neuer Magazine ist in den letzten Jahren gestiegen. Von Lafer Journal über Barbara bis hin zu Premium-Magazinen wie dem Robb Report ist für jeden Geschmack etwas dabei. Wie nutzen Sie die neuen redaktionellen Umfelder für Ihre Marken?

Die neuen Umfelder, die zu unserer jeweiligen Aufgabenstellung passen, beispielsweise für die Einführung eines Premiumproduktes, nutzen wir durchaus. So kann ein hochwertiger Nischentitel für ein Premiumprodukt, das sich an eine sehr spitze Zielgruppe wendet, eine sehr gute Ergänzung im Media-Mix sein, ebenso wie eine sehr speziell ausgerichtete Website. Die Erfahrung zeigt uns, dass die Wirklichkeit nicht schwarz-weiß ist, sondern in vielen Schattierungen daherkommt. Themen in unserer Gesellschaft sind hochkomplex; es gibt einen großen Bedarf an Medien mit selbstständiger Rechercheleistung und hoher Analysekompetenz, die diese Komplexität auch entsprechend widerspiegeln, bewerten und vermitteln können.

Uns ist wichtig, in einem sehr dynamischen Umfeld, immer wieder neue Medien und auch neue Werbeformate zu testen und dazuzulernen. Wir haben nie eine Kampagne, die nur aus Elementen besteht, die wir schon kennen. Wir probieren ständig Neues aus und bewerten anschließend die Performance.

Zur Person
Stefanie Wurst ist seit 2013 Leiterin Marketing BMW Deutschland in München. Zuvor war die sie gut 13 Jahre lang in leitenden Funktionen bei der Scholz & Friends Group tätig – seit 2003 als Leiterin des Berliner Büros, seit 2012 als Mitglied des Vorstandes. Ihre Karriere begann die Diplom-Ökonomin bei der Kreativagentur Ammirati & Puris in New York und wechselte dann zu TBWA mit Stationen in Hamburg und Singapur.

Der Autor

Christiane Dähn
Christiane Dähn
Christiane Dähn ist Projektleiterin im Büro Bardohn in Hamburg. Nach ihrem Studium in Betriebswirtschaft und Journalistik an der Universität Hamburg, kümmerte sie sich bei Gruner + Jahr (Stern, Brigitte) und im Zeit-Verlag um Marketing, Anzeigenverkauf, Marktforschung und Verlagsgeschäfte.