Das Ringen um die Wahrheit hat mittlerweile alle Ebenen der Gesellschaft erreicht. In westlichen Ländern gibt es ein Revival des professionellen Journalismus, während soziale Medien und Suchmaschinen Vertrauen einbüßen. Das zeigt die 18. Ausgabe des Edelman Trust Barometers, die sich schwerpunktmäßig mit dem Problem der Fake News beschäftigt.

Fake News führen zur Verunsicherung

Sieben von zehn Personen aus der Online-Bevölkerung fürchten sich vor Fake News, zum Beispiel, weil sie Wahlen beeinflussen können. In Deutschland sind das 61 Prozent der Befragten. Zugleich haben 63 Prozent Schwierigkeiten, Falschinformationen als solche zu erkennen (Deutschland 54 Prozent). Das dürfte vor allem daran liegen, dass soziale Medien und Suchmaschinen die Spreu nicht vom Weizen trennen. Gefälschte Nachrichten sind in ihren Apps und auf ihren Websites vom seriösen Nachrichtenjournalismus kaum zu unterscheiden.

Wahrheitsnorm als berufsethischer Leitwert der Editorial Media

Aus der Vertrauenskrise, die sich schon letztes Jahr abgezeichnet habe, sei ein „Ringen um die Wahrheit“ geworden, erklärt Susanne Marell, die Chefin von Edelman Ergo im Interview mit dem Tagesspiegel. Und weiter: „In einer Welt der Verunsicherung sehnen sich die Menschen verstärkt nach Fakten und Einordnung. Von Experten, die ihre Profession gelernt haben.“

Zu dieser Profession gehört „Wahrheit“ als regulative Idee. Als ein letztlich unerreichbares Ideal, das aber als solches unverzichtbar fürs journalistische Handwerk ist. Gleich der erste Satz im deutschen Pressekodex macht klar: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“

Jochen Wegner, der Leiter von Zeit online, hat einmal ein leidenschaftliches Plädoyer dazu veröffentlicht. Das war vor vier Jahren, lange vor dem Fake News-Tsunami der Trump-Ära. Auch in anderen westlichen Ländern haben Journalisten- und Verlegerverbände eine Wahrheitsnorm als berufsethischen Leitwert formuliert.

Publisher mit Vertrauensgewinn, Plattformen im Abwärtssog

Das Edelman Trust Barometer fasst soziale Medien und Suchmaschinen unter dem Plattformbegriff zusammen. In 21 Ländern verlieren Plattformen an Glaubwürdigkeit. Vertrauensgewinne verzeichnen sie in einigen Ländern ohne freie Presse, etwa in China, in der Türkei und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Ländern wie Indien und Indonesien genießen sie bei über zwei Dritteln Vertrauen.

So erklärt sich, dass das Vertrauen in Plattformen global nur moderat um zwei Punkte auf 51 Prozent zurückgeht. Im Westen ist das Bild dramatischer: In den USA sinkt das Vertrauen in Plattformen am stärksten, nämlich um 11 Punkte auf 42 Prozent. In Deutschland verlieren Google, Facebook und Co. vier Punkte auf 40 Prozent.

Dem Vertrauensentzug gegenüber den Plattformen steht eine Rückbesinnung auf Publisher und professionelle Journalisten gegenüber. Das Vertrauen in Editorial Media steigt global um fünf Punkte auf 59 Prozent. Die Diskrepanz zwischen dem Vertrauen in Journalismus (traditionelle Medien und seriöse Online-Medien) und dem Vertrauen in Plattformen (Social Media und Suchmaschinen) ist in Deutschland größer als in allen anderen Ländern. 61 Prozent vertrauen dem Journalismus, 40 Prozent den Plattformen. Nimmt man Polen einmal aus, so zeigt sich beim Vertrauensvorsprung des Journalismus in Europa ein Nord-Süd-Gefälle.

Dr. Uwe Sander
Dr. Uwe Sander
Der gelernte Volkswirt arbeitete nach einigen Jahren in der empirischen Wirtschaftsforschung von 1984 bis 2014 in verschiedenen Funktionen beim Verlag Gruner+Jahr, u.a. für die Titel Capital, Stern, GEO und Art. Heute ist er freiberuflich als Autor und Berater tätig. Sein besonderes Interesse gilt der Entwicklung des digitalen Journalismus.